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Nietzsches Horoskop aus Sicht der AnthroposophieZusammenfassung des Referats gehalten bei der 18. Tagung des Anthroposophisch-Astrologischen Arbeitskreises in Stuttgart im November 2002. Im Werk Rudolf Steiners finden sich vielfältige Aussagen zur Kosmologie und Astrologie. Auf den ersten Blick scheinen sich diese z.T. zu widersprechen, doch bei näherem Hinsehen können die Angaben auch als unterschiedliche Blickwinkel auf das Mysterium Mensch angesehen werden. Die folgenden Ausführungen sollen als Versuch verstanden sein, dem „astrosophischen“ Wissen Steiners näher zu kommen. Der Mensch hat zwei große Möglichkeiten determiniert zu werden: entweder wird er zu stark vom Materiepol, dem Untersinnlichen, angezogen, wobei er den Naturgesetzen, also der eigenen körperlichen „Programmierung“ verfällt, oder er unterliegt dem Diktat der geistig-kosmischen Hierarchien. Erst durch Bewusstheit über diese Abhängigkeiten und das immer wieder erneute Auffinden der Mitte zwischen Materie und Geist kann menschliche Freiheit entstehen. Hier
soll nun eine Methode vorgestellt werden, wie die Determiniertheit
aus den geistig-kosmischen Regionen astrologisch gefunden werden
kann. Die Kenntnis der grundlegenden Schriften Dr. Rudolf Steiners,
insbesondere des „Heilpädagogischen Kurses“ (GA 317)
und der Werke „Makrokosmos und Mikrokosmos“ (GA 119)
sowie „Der menschliche und der Kosmische Gedanke“ (GA
151), erleichtern dazu das Verständnis.
Das Wirken sog. höherer
Hierarchien, worauf Steiner immer wieder verweist, bringt er mit dem
ptolemäischen geozentrischen Weltbild in Verbindung. Dabei
sollen die Hierarchien den Menschen in 12 Weltanschauungsnuancen
„denken“: Idealismus, Rationalismus, Mathematizismus,
Materialismus, Sensualismus, Phänomenalismus, Realismus,
Dynamismus, Monadismus, Spiritualismus, Pneumatismus und Psychismus.
Diesen können die 12 Tierkreiszeichen von Widder bis zu den
Fischen zugeordnet werden. Die 7 Weltanschauungsstimmungen,
Okkultismus, Transzendentalismus, Mystik, Empirismus, Voluntarismus,
Logismus, Gnosis, entsprechen den 7 klassischen Planeten von Mond
bis Saturn. Dazu kommen noch vier Weltanschauungstöne;
3 von ihnen modifizieren die 19 Weltanschauungen: der Theismus
entspräche angeblich der Sonne als Fixstern (Uranus?), der
Intuitismus dem Mond (Neptun?) und der Naturalismus der Erde
(Pluto?). Als letzter und vierter Ton erscheint der
Anthropomorphismus. Er soll der Erde zugeordnet werden können,
losgelöst aus dem kosmischen Bezug (kann damit das Häusersystem
gemeint sein?). Insgesamt ergibt dies also 23 Weltanschauungen.
R. Steiner: „So wie Sie sich denken können den
physischen Kosmos: den Tierkreis, das Planetensystem,...so können
Sie sich ein geistiges Weltenall denken...(1914; GA 151; S.64). Abb.
Radix Friedrich Nietzsche, geboren 15.10.1844 (Vollbild)
Und wie der Astrologe eben nicht nur das Sonnenzeichen
interpretiert, sondern das gesamte
Horoskop deutet, so wäre es sicherlich friedensstiftend für
die Welt, wenn man verschiedene
Weltanschauungen nebeneinander akzeptieren könnte, so z.B. den
Materialismus gleichberechtigt neben dem Spiritualismus. An der
Biografie Friedrich Nietzsches kann dies verdeutlicht werden. Rudolf
Steiner meinte in dem Vortrag vom 23.1.1914 (GA 151): „Nehmen wir an, dass ein Mensch so in der Welt sich darlebt, dass er in seinen Anlagen enthalten hat die besonderen Kräfte, die ihn bestimmen, die Weltanschauungsnuance des Idealismus auf sich wirken zu lassen. Ich will also sagen: Er macht die Weltanschauungsnuance des Idealismus in sich wirksam. Er macht sie, nehmen wir an, dadurch zu einem herrschenden Faktor in seinem Innenleben, dass gleichsam auf den Idealismus hinweist und von seinen Kräften gespeist wird, diejenige Weltanschauungsstimmung in seiner Seele, die ich gestern als die der Mystik, als Venus-Stimmung, bezeichnet habe. Daher würde man sagen, wenn man die Symbole der Astrologie gebrauchen wollte, die geistige Konstellation eines solchen Menschen in seinen geistigen Anlagen sei die, dass Venus im Widder steht. Ich bemerke ausdrücklich, damit kein Missverständnis entsteht, dass diese Konstellationen zwar viel bedeutungsvoller noch im Leben des Menschen bestehen, als die Konstellationen des äußeren Horoskops, dass sie aber nicht etwa zusammenfallen mit der Nativität, dem äußeren Horoskop (S.67). (...) Für das, was ich hier als ein Beispiel an Nietzsche vorgeführt habe, heißt es: Unter dem Einfluss des Kosmos war Nietzsche durch seine frühere Inkarnation in seinem Karma so vorbereitet, dass in einem bestimmten Zeitpunkte vermöge seiner früheren Inkarnation die Kräfte des Idealismus und der Mystik – die zusammenwirkten, weil Mystik im Zeichen des Idealismus stand – auf seine ganze Körperkonstitution so wirkten, dass er zunächst fähig war, mystischer Idealist zu werden“ (S. 76). Welche Konstellation könnte R. Steiner gemeint haben? Auf der einen Seite scheint dieses geistige Hierarchienmodell dem ptolemäischen System zu entsprechen, d.h. es sind Sphären gemeint, die durch die Umlaufbahnen der betreffenden Planeten gegrenzt werden, und weniger die diese Sphären „abschreitenden“ Planeten. Andererseits brauchen wir, um diese „karmische Konstellation“ zu finden, durch welche Nietzsche gemäß Steiner vom Kosmos vorbereitet wurde, einen Träger für Karmisches. Dies ist der Ätherleib und unter gewissen Bedingungen (s.1.Teil des Referates in der letzten Ausgabe von Astroforum Sternzeit) entspricht dies dem Jupiter. Also können wir Jupiter als Repräsentant und Träger des vergangenen Karmas einen „Sphärenumlauf“ machen lassen und ein Transithoroskop für den Zeitpunkt erstellen, an dem Jupiter wiederum gradgenau seine Radixstellung erreicht; dies ist nach jeweils 12 Jahren der Fall. Schauen wir uns dieses Transithoroskop im Verhältnis zum Geburtshoroskop an, dann sehen wir, dass die von Rudolf Steiner angegebene Konstellation (Venus im Widder) eingetreten ist. Abb:
Transithoroskop der ersten Jupiter-Wiederkehr (Vollbild)
Die Seele Nietzsches entwickelte sich dann demgemäß
weiter. Da der Venus-Sphäre die Sonnen-Sphäre folgt, dehnte
sich seine Seele zur nächsten Weltanschauungsstimmung zum
Empirismus aus. Diese Konstellationen (Sonne im Stier) finden wir im
April 1871 im 26. Lebensjahr von Nietzsche.
Abb:
Transithoroskop 26. Lebensjahr (Vollbild)
Das
Transithoroskop (26) zeigt eine Uranus- Neptun- Quadratur, wobei
Neptun gradgenau auf Nietzsches Radixpluto steht. Biografisch tritt
eine Verschlimmerung der Augenschwäche und der Kopfschmerzen
ein. Nietzsche, der „luziferische“ (Uranus-Anologie?)
Mystiker (Venus steht am südlichen Mondknoten in Konjunktion zu
Lilith) muss sich jetzt mit seinem Schatten Ahriman
(Neptun-Anologie?) auseinandersetzen. Dass ihm dies nicht gelingt,
zeigt sich 12 Jahre später in seiner drittenSchaffensphase ab 1883, von
welcher Rudolf Steiner sagt,
Ahriman habe als Schriftsteller durch Nietzsche gewirkt.
Nach Rudolf Steiner
hätte die Seele von Nietzsche noch eine weitere Ausdehnung
erfahren können, nämlich von der Sonnensphäre zur
Marssphäre (Voluntarismus) und vom Stier (Rationalismus) in die
Zwillinge (Mathematizismus). Dies gelang Nietzsche jedoch nicht. Wenn
wir sein Horoskop auf die Rückkehr des Saturn zu seiner
Radixstellung im 30. Lebensjahr berechnen (23.3.1873) stellen wir
fest, dass der Mars nicht in die Zwillinge gelangt, sondern im
Skorpion (Dynamismus) steht.
Abb:
Transithoroskop 30. Lebensjahr (Vollbild)
Nach Rudolf Steiner kann aber eine Seele
nur dann unbeschadet in die Kräfte der unteren Zeichen (von
Skorpion bis Fische) eintreten, wenn sie den Weg zur
Geisteswissenschaft, also zu den „großen Mysterien“,
findet. Da Nietzsche dieses nicht möglich war, geriet er in die
Gefangenschaft dieser Kräfte, und
aus diesem Grund heraus können wir auch das Scheitern und den
beginnenden Wahnsinn von Nietzsche verstehen.
Rudolf Steiners Anliegen war es,
das Kosmisch-Geistige mit dem Menschlich-Geistigen in Verbindung zu
bringen. Durch die Menschwerdung des Christus vor 2000 Jahre soll
diese Verbindung möglich sein. Zur Vorbereitung dieser
Menschwerdung durchlebte Jesus verschiedene biografische Stufen. R.
Steiner beschreibt, dass allerdings die Entwicklung der Jahrsiebte
bei Jesus um 2 Jahre früher einsetzte; also im Alter von 12, 19
und 26 Jahren. Mit 30 Jahren soll Jesus dann den Christusgeist
empfangen haben. Wahrscheinlich hat Steiner diese Rhythmen auf die
Biografie Nietzsches astrologisch angewandt. Es scheint ein neuer
christlicher Kosmos zu entstehen, welcher durch das Leben des
Christus „gezeugt“ wurde.
Am
Beispiel des Horoskops von Friedrich Nietzsche lassen sich die
dargelegten Überlegungen nachvollziehen. In dieser Abhandlung
ging es um den Versuch der Annäherung an eine
Geburtskonstellation aus einem geistigen Blickwinkel heraus. Mein
Anliegen war es, die Angaben Steiners in den diesbezüglichen
Werken nachzuvollziehen. Sie erschließen sich erst, wenn man
neue methodische Wege beschreitet, wozu die vorgestellte Methode als
ein Vorschlag zu verstehen ist.
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