Rudolf Steiner:
Die Sendung Michaels
(GA 194, 30.11.1919)


Urpersische Kulturepoche (II)

Es fällt noch zusammen.. Naturgeschehen mit dem göttlichen Wollen, mit der Vorsehung. Vorsehung und Naturgeschehen ist noch eines.

Ägyptische KE (III)

Soll ich ebenso, wie ich die urpersische Weltanschauung Ihnen charakterisiert habe durch diese Linie (vorhergehende Zeichnung), soll ich Ihnen die des dritten Zeitalters charakterisieren, so müßte ich sie durch diese Linie charakterisieren. Diese Linie würde darstellen auf der einen Seite draußen das Naturdasein, auf der anderen Seite das Menschendasein, aber in dem einen Punkt, im Atmungsprozesse, sich überkreuzend.

Griechisch-Lateinische KE (IV)

Das wird anders im vierten Zeitalter, in dem griechisch-lateinischen Zeitalter. Da tritt vor die Menschen schroff hin der Gegensatz des Außen und des Innen, des Naturdaseins und des menschlichen Daseins. Da beginnt der Mensch sich im Gegensatz zu fühlen gegen die Natur.

Es bleibt gewissermaßen dieses, was der Mensch mit der Natur gemeinsam hat, außerhalb des Bewußtseins. Es fällt schon aus dem Bewußtsein hinaus. In der indischen Jogakultur versucht man es wieder hereinzubekommen. Daher ist die indische Jogakultur ein atavistisches Zurückgehen auf frühere Entwickelungsstufen der Menschheit, weil man wieder hereinzubekommen sucht ins Bewußtsein den Atmungsprozeß, den man im dritten Zeitalter naturgemäß als das empfand, worinnen man sich zugleich draußen und zugleich drinnen fühlte. Dieses vierte Zeitalter beginnt ja im 8. vorchristlichen Jahrhundert. Und da begannen dann auch jene spätindischen Jogaübungen, die wiederum zurückzurufen suchten atavistisch dasjenige, was man früher gehabt hatte, insbesondere auch in der indischen Kultur hatte, was aber verlorengegangen war.

Heute KE (V)

Nun handelt es sich darum, daß wiederum errungen werden muß, aber jetzt in bewußter Weise wiederum errungen werden muß dasjenige, was verlorengegangen ist. Das heißt, wir müssen wiederum zum Erfassen von etwas kommen, was im Inneren des Menschen ist, was zu gleicher Zeit der Außenwelt und dem Inneren angehört, was sich wiederum übergreift. Wir können als Menschen der Gegenwart dies nicht etwa dadurch erreichen, daß wir zurückgreifen auf die Jogakultur; die ist etwas Vergangenes. Denn, sehen Sie, der Atmungsprozeß selbst hat sich verändert.
,,Im dritten nachatlantischen Kulturzeitalter atmete der Mensch noch Seele, jetzt atmet er Luft. Nicht bloß etwa unsere Vorstellungen sind materialistisch geworden, die Realität selber hat ihre Seele verloren. ...Und wir müssen lernen, in einer ähnlichen Weise den Sinnesprozeß in seiner Durchseelung einzusehen, wie man vor drei Jahrtausenden den Atmungsprozeß eingesehen hat. Wenn wir das Beseeltsein unserer Sinnesempfindungen wieder haben werden, dann werden wir wiederum einen Kreuzungspunkt haben, und, in diesem Punkt werden wir den menschlichen Willen, der heraufströmt aus der dritten Bewußtseinsschichte, wie ich es Ihnen in diesen Tagen charakterisiert habe, erfassen. Da werden wir zu gleicher Zeit etwas Subjektiv-Objektives haben, wonach Goethe so lechzte.


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